Serbien
Ein Bus für ObdachloseMobiler Service für Obdachlose
Ausgangslage
In der Grossstadt Belgrad gibt es schätzungsweise 3’000 bis 5’000 obdachlose Menschen. Diese wohnen in unsicheren kleinen Unterständen oder Wohnwagen, zeitweilig in entsprechenden Institutionen oder in baufälligen, unbewohnbaren Häusern. Obdachlosigkeit zieht oft nicht nur körperliche, sondern auch psychische und psycho-soziale Probleme nach sich.
Ziele
Ziel dieses Projektes ist es, den obdachlosen Menschen in einem mobilen Bus die Möglichkeit zur Körperhygiene zu geben. Da Obdachlose sich oft nur in ihrer direkten Umgebung bewegen, ist eine mobile Lösung, die direkt zu ihnen kommt, ideal. Des weiteren haben sie dort die Möglichkeit, Gespräche zu führen, die ihnen helfen, gesund zu werden und auch ihren Selbstwert wieder zu finden. Auch sollen sie mittel- und langfristig nach und nach durch verschiedene Massnahmen wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden, indem sie Arbeit finden und sich wieder einen sicheren, festen Wohnsitz leisten können.
Projekt
Phase 1
Das “DrumoDom” (Strassen-Heim), wie der Bus genannt wird, soll Obdachlosen Möglichkeiten zur Körperhygiene bieten, die sie sonst in ihrem Alltag nicht haben. Sie können dort duschen, sich waschen, rasieren, die Haare schneiden lassen etc. Diese Möglichkeiten werden viel eher genutzt, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu den Obdachlosen angeboten werden – daher die Idee des Busses. Gleichzeitig haben die Obdachlosen die Möglichkeit, Gespräche zu führen, die ihnen in ihrer persönlichen Entwicklung weiterhelfen – gesundheitlich wie auch psychisch. Zudem können die Obdachlosen ihre Wäsche dort abgeben und erhalten sie 2 Tage später gewaschen zurück.
Obdachlose erhalten Unterstützung, um wieder persönliche Dokumente zu erhalten, die ihnen oft fehlen. Denn nur so erhalten sie auch Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und weiteren Dienstleistungen. Diese Menschen benötigen diese Hilfe, da sie es oft nicht mehr gewohnt sind, für sich selber einzustehen und sich selber zu motivieren, etwas zu erreichen. Daher übernehmen Helfer mit ihnen zusammen diese Behördengänge.
Persönlich erlebt
Pavle M.* ist 69, gross und lächelt immer. Durch unglückliche Umstände wurde er obdachlos. Er war einer der ersten Nutzniesser des ADRA Drumodom-Projektes.
“Ich habe mich darauf gefreut, dass das Drumodom geplant wurde und bin glücklich, dass es endlich Wirklichkeit geworden ist”, sagt Pavle. Er kommt regelmässig an den Standort des Drumodoms, um medizinische Dienste, Beratung und Behandlung in Anspruch zu nehmen. Die aktuelle Lebensweise als Obdachloser hat seine ohnehin instabile Gesundheit weiter verschlechtert. Er leidet an Bluthochdruck und Prostataproblemen. Früher besuchte er von Zeit zu Zeit einen Arzt, aber nun kann er sich die Behandlung nicht mehr leisten.
Als ADRA-Mitarbeiter ihn das erste Mal auf der Strasse sahen, benutzte er regelmässig einen Katheter. Trotzdem verschlechterte sich sein Zustand zusehends, da er zusätzlich unbedingt medizinische Hilfe brauchte und auch die hygienischen Umstände schlecht waren. Zudem wurde er etliche Male Oper von Überfällen, bei denen er ausgeraubt und verletzt wurde.
Covid-19 hat seine Situation nicht verbessert, denn das Gesundheitssystem in Serbien konzentrierte sich lange Zeit ausschliesslich auf diese Thematik. Alle anderen Behandlungen wurden immer wieder verschoben. Pavle ging schliesslich in die VMA (Militärisch-medizinische Akademie), um Hilfe zu bekommen. Jedoch wurde die VMA von einem Tag auf den anderen zum Covid-19-Krankenhaus. Mit hilflosem Blick schildert Pavle: “Ich konnte plötzlich nirgendwo mehr hin, um medizinische Hilfe zu bekommen. Und in den staatlichen Krankenhäusern waren die Listen so lang, dass man endlos warten musste. Privatkliniken kann ich mir erst recht nicht leisten…”
Die ganze Situation zehrt nicht nur an seiner Gesundheit, sondern auch an seiner Menschenwürde. ADRA hat sich eingeschaltet und ermöglicht, dass Pavle nun regelmässig zu einem Facharzt in einer Privatklinik kann. Er wird von einem ADRA-Mitarbeiter begleitet und er bekommt die Medikamente, die er benötigt. Im Drumodom bekommt er Zugang zu sanitären Anlagen, Duschen und seine Wäsche wird gewaschen. Davon profitiert nicht nur er, sondern noch hunderte von anderen Obdachlosen. Sobald sich die Situation im Gesundheitswesen wieder etwas beruhigt, wird sich auch die medizinische Versorgung von Obdachlosen wieder verbessern – bis dahin ist ADRA mit ihrem Drumodom eine wichtige Überbrückung.
“Duschen ist das A und O! Feuchttücher können Seife und Wasser nicht ersetzen. Was Sie tun, ist so wichtig. Das bedeutet für mich die Welt.”
* Name wurde von der Redaktion geändert.
Projektdaten
Dauer: 01/2020 – 03/2021
- Täglich sollen 30 Obdachlose von diesem Bus profitieren können.
- Insgesamt sollen 500 Obdachlose betreut werden.
- 300 Personen sollen wieder Zugang zu sozialen Dienstleistungen erhalten.
- 50 Obdachlose sollen zurück in die Arbeitswelt begleitet werden.